50 Jahre IGMH - Mannheimer Morgen berichtet
IGMH ist eine Schule der Chancen
Der Festakt zum 50-jährigen Bestehen der Integrierten Gesamtschule Mannheim-Herzogenried (IGMH) war eine beeindruckende Show, in der die Schule sich und ihre Erfolge gefeiert hat. Beeindruckend, weil es vor allem die Schüler waren, die die zweistündige Jubiläumsfeier am Mittwochmittag gestaltet hatten: Von der Moderation bis hin zu Kunst-, Musik- und Theaterbeiträgen gelang es den Kindern und Jugendlichen, die Gäste auf eine emotionale Zeitreise durch die Geschichte der Gesamtschule mitzunehmen.
Nach nur 15 Monaten Bauzeit war das Schulgebäude fertig geworden und am 4. März 1975 an die Stadt übergeben worden; das zeige, welche Aufbruchstimmung damals geherrscht habe, sagte Bildungsbürgermeister Dirk Grunert. Er erinnerte daran, wie die Stadt und der Gemeinderat für mehr Bildungsgerechtigkeit gekämpft und sich für die Versuchsschule eingesetzt hätten, obwohl sich damals viel Widerstand geregt habe. Diese Versuchsschule ist inzwischen zur größten allgemeinbildenden Schule Mannheims herangewachsen. "Viele Gesamtschulen sind inzwischen verschwunden, aber hier, wo die Stadtgesellschaft hinter ihr steht, gibt es sie noch", sagte Grunert.
Den Kampf um die Abschaffung der Gesamtschule stellten die Schüler der Theater AG dar: Eine emotionale Debatte, deren synchron skandierte Argumente der beiden gegensätzlichen Parteien aus Pädagogen und Politikern inmitten der Gäste ausgetragen wurden. In der Gesamtschule, so der Konsens, gebe es besonders große Entfaltungsmöglichkeiten für die Schüler und eine hohe Leistungsbereitschaft. Die Schauspieler drückten damit nicht nur deutlich aus, wie sehr ihnen ihre Schule am Herzen liegt, sondern zeigten auch eine bemerkenswerte schauspielerische Leistung. "Extrablatt, Extrablatt! Der Schulversuch ist beendet! IGMH als Schule der besonderen Art im Schulgesetz festgeschrieben", brüllt ein Zeitungsjunge. Es ist das Jhar 1988, als aus dem Schulversuch des Jahres 1973 nach dessen Auslaufen eine dauerhafte "Schule der besonderen Art" geworden ist.
Weiter geht die Retrospektive auf die vergangenen 50 Jahre, die auch durch ehemalige Schüler verdeutlicht wurde, die auf ihre eigene Schulzeit zurückblickten: Ein Paar, das sich vor 50 Jahren an der IGMH kennengelernt hatte und inzwischen seit 48 Jahren verheiratet ist, kam zum Talk auf die Bühne und stellte sich den Fragen der jetzigen Schüler. Sie berichteten von der Schülerzeitung "Rums", mit der sie seinerzeit so viel Geld eingenommen hatten, dass damit ein Konzert mit drei Bands finanziert werden konnte, und von einem gemeinsamen Urlaub mit dem Stadtjugendring und zeigten alte Fotos.
Weitere Ehemalige kommen zu Wort: Filip Adamski, Ruderer im Deutschland-Achter 2012 und der erste Olympiasieger der IGMH, und Sarah Hecken, jüngste Eiskunstlauf-Meisterin 2008, überbrachten Grüße per Videobotschaft. Adler-Torwart Felix Brückmann und Helmut de Raaf, Direktor der Eishockey-Akademie und ehemaliger Jungadler-Trainer, kamen zum Talk auf die Bühne. "Wir waren die Ersten. Wir hatten niemanden, auf den wir schauen konnten, aber heute schauen alle auf uns", sagte de Raaf über die einmalige Kooperation zwischen Spitzensport und regulärer Schule. Brückmann blickte auf seine Schulzeit und seinen sportlichen Erfolg zurück: "Es war harte Arbeit und die Einstellung, die ich an der IGMH gelernt habe." Als Tipps gab er den Schülern mit auf den Weg, weniger in den sozialen Medien unterwegs zu sein und zu versuchen, jeden Tag ein Prozent besser zu werden.
Kein langweiliger Reden-Marathon - das haben sich die Organisatoren der Jubiläumsfeier offensichtlich auf die Fahnen geschrieben. Charmant fragte eine Fünftklässlerin den kommissarischen Gesamtleiter der IGMH: "Herr Mickelat, möchten Sie im Namen des Schulleitungsteams und des aktuellen Kollegiums auch etwas sagen?" Rainer Mickelats Rede, die metaphorisch auf das Wachsen eines Baumes aufgebaut war, wurde mit einer Kunstperformance der 13. Klasse begleitet: "Wenn unsere Schülerinnen und Schüler eines Tages die IGMH verlassen, sind sie keine kleinen Setzlinge, die sie bei ihrem Start waren. Sie sind ausgereift und erwachsen, bereit, in voller Blüte zu stehen, um das zu erreichen, wovon sie vielleicht früher nicht zu träumen wagten."
Wie groß die Entfaltungsmöglichkeiten für Schüler in der IGMH sind, unterstrich ein Schüler besonders: Er selbst habe seinerzeit eine Empfehlung für die Werkrealschule bekommen, dann aber als Klassenbester seinen Realschulabschluss gemacht und werde in diesem Schuljahr sein Abitur ablegen. Von 2003 bis 2011 haben 47,3 Prozent der Schüler mit Werkrealschulempfehlung einen Realschulabschluss gemacht. Das Abitur machten 58 Prozent der Schüler, die mit einer Haupt- oder Realschulempfehlung an die IGMH gekommen waren. Sie biete nicht nur Aufstiegschancen, Gemeinschaft und Entfaltungsmöglichkeiten, sondern sei für viele ein Ort der Geborgenheit, betonte der ehemalige Schüler und jetzt 25-jährige Theologiestudent Simon Nemet: "Die IGMH ist eine Schule der Chancen."
Mannheimer Morgen, Freitag, 22. November 2024, Valerie Gerards